Mein
ganzer Körper war umhüllt, umhüllt von dieser tödlichen Flüssigkeit. Ich wollte
einfach loslassen. Mich loslösen von dem dauerhaft Kampf und meinem Körper erlauben
sich zu entspannen. Die Bemühungen aufgeben, allen zu zeigen, dass es mir gut ginge.
Niemand würde meine Tränen hier sehen. Ich öffnete meinen Mund einen Stück,
sodass das Wasser hineinlief und mein Mund ausfüllte, ich atmete aber nicht
ein. Es schmeckte nicht wie das salzige Wasser im Meer, aber meine
unterdrückten Erinnerungen kamen trotzdem wieder hoch. Wir hätten das Boot
nicht verlassen sollen. Ich hörte die verzweifelte Rufen von meinem Vater nach
mir im meinem Ohr wiederhallen, wollte zurück schreien ‚Hier‘, aber er würde
mich wieder nicht hören können. Es gibt Momente in denen ich immer noch
ertrinke. Es passiert mir meistens mitten in der Nacht, wenn ich aus einem
meiner Albträume erwache. Ich schnappe dann nach Luft, aber meine Lunge
verweigert sich einfach diese aufzunehmen. Das fühlt sich so an, als würde sie
sich verkrampfen. Aber dann plötzlich, kann ich die Luft wieder einziehen, ganz
tief. Sowie an dem Strand, wo ich angespült wurde und ein Tourist mir das Leben
gerettet hatte. Hätte er das nicht getan, wäre ich jetzt bei meinem Vater. Ich
hatte von der Polizei gehört, als sie es meiner Mutter erzählten und ich oben
am Treppengeländer lauschte, dass er sich den Kopf an dem Boot aufgeschlagen
hatte. Jedoch hatte ihn diese Kopfverletzung nicht umbracht – er hatte nur sein
Bewusstsein verloren und war dann langsam ertrunken. Meine Mutter setzte sich
manchmal in das alte Boot, dass wir seit dem Unfall hinter dem Haus stehen
haben und weint. Es fühlt sich so an, als wäre an diesem Tag die Zeit stehen
geblieben. Sie gibt mir die Schuld dafür. Das wusste ich, sie hatte es mir zwar
nie direkt gesagt, aber ich hab es an ihrem Verhalten mir gegenüber gemerkt. Ich
hatte mich aber inzwischen damit abgefunden und versuchte einfach weiterhin
stark zu sein. Einfach weiter zu leben. Ich tauchte wieder auf, schluckte das
Wasser hinunter, das ich noch im Mund hatte und mit diesem auch meine Gefühle
und Erinnerungen. Ich stieg aus dem Becken, schnappte mir mein Handtuch und
verließ das Schwimmbad ohne einen Blick zurück zu werfen.
Donnerstag, 3. August 2017
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